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Zu den Geschichten

Fuhlsbüttler Schleuse

Holger, 68 Jahre, Fuhlsbüttel

Mein Hamburg ist mein Stadtteil. Zwar habe ich Jahrzehnte in der City gearbeitet und verbinde die Gegend um den Rathausmarkt herum und den Hafen mit dieser Stadt, außerdem die Kneipen von St. Georg und die Schanze, aber gewohnt habe ich immer in Fuhlsbüttel.
Ich bin hier geboren, aber meine Eltern sind eigentlich „Zuwanderer“. Sie nannten sich „Flüchtlinge“ und kamen 1945 nach Hamburg, nachdem die deutschen Ostgebiete polnisch geworden sind. Das war besonders für meine Mutter sehr schwer und sie konnte nicht loslassen. Ich bin aber nun mal Hamburger und die jungen Leute in Wroclaw sind Polinnen und Polen. Mit ihnen wollte ich mich verständigen und befreundet sein, statt mich noch in der nächsten Generation darüber zu streiten, wer wann auf einem bestimmten Stück Land wohnte.
Daher fand ich die Losung „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!“ viel besser. Der Krieg ging von Deutschland aus und vor Ort im Konzentrationslager Fuhlsbüttel (KolaFu) wurden Menschen gequält. Sich seit den 1980ern dafür eingesetzt zu haben, dass hier heute eine Gedenkstätte ist, war sinnvoll. Aus den eroberten Gebieten wurden Zwangsarbeiter verschleppt und ausgebeutet. Heute beherbergen die ehemaligen NS-Zwangsarbeiterbaracken am Flughafen das „Informationszentrum Zwangsarbeit“. Auch in meinem Stadtteil erinnern Stolpersteine an Menschen, die einmal Nachbarn waren, dann aber deportiert und ermordet wurden. Auch Straßen, die Verbrecher, statt wirkliche Vorbilder ehrten, wurden umbenannt. Für all das musste jahrelang gekämpft werden, aber das ist mein Hamburg und mein Stadtteil, wo man sich die Geschichte kritisch aneignen kann.
Denn hier soll ein guter Platz zum Leben bleiben, wo man sich auch in Zukunft einbringen kann. Das Bild zeigt die Fuhlsbüttler Schleuse am Alsterlauf an dem neu so benannten Louisa-Kamana-Weg.